"Es ist immer interessant, wenn ich genau die Ergebnisse erhalte, die ich erwartet habe oder eben deren Gegenteil."

12 Juni 2023

Die nie enden wollende Neugier und die Freude am Entdecken treibt die junge Forscherin Dr. Barbara Fülöp an, Doktorandin im Institut für Pharmakologie und Pharmakotherapie, die mehrere Stunden lang in einem Forschungslabor des Instituts mit dem Mikroskop forscht. In ihrer rechten Hand hält sie Schnitte, die sie auf einen Computerbildschirm projiziert, damit sie sie untersuchen kann, welche Zellveränderungen zu sehen sind. Sie erklärt leidenschaftlich, was die bräunlichen Flecken in den Mäusegehirnen bedeuten, welche Veränderungen worauf hindeuten und welche Schlussfolgerungen daraus gezogen werden können. Ursprünglich wollte Sie im Klinikum arbeiten, aber sie ließ sich von der Forschung mitreißen.

 

von Rita Schweier

 

"Ich komme aus Veszprém, im Gymnasium habe ich mich für den Leistungskurs Informatik beworben. Bis zur zehnten Klasse dachte ich, ich werde Programmiererin werden. In der elften Klasse hat mich meine Klassenleiterin auf den TM-Camp der Universität Pécs aufmerksam gemacht, damals hieß es "Tehetségért Mozgalom" (auf Deutsch Aktion für das Talent) und war eine Art Vorbereitung für das Abitur. Das war mir noch zwar entfernt, aber ich bin trotzdem hingefahren. Die Biologiestunde hielt eine Studentin, die gerade im praktischen Jahr war und die gerade ihr Praktikum in Gynäkologie absolvierte. Sie erzählte mit Begeisterung darüber, was bei der Geburt eines Babys passiert und wie dankbar sie sei es zu sehen, da dies ein wahres Wunder ist. Dann habe ich entschlossen, dass es genau das ist, was ich auch machen möchte. Ihre Begeisterung bezauberte mich." – beginnt Barbara ihre Geschichte.

Sie hatte zwar während ihrer Studienzeit Tiefen, sie ließen sich aber nicht von ihrem Ziel abbringen. Nach ihrem Rigorosum in Pharmakologie nahm sie den Kontakt zu Professorin Dr. Zsuzsa Helyes auf, dass sie forschen möchte. Ihre Betreuer wurden Assistenzprofessorin Dr. Éva Borbély und die damals noch Doktorandin Dr. Ágnes Hunyady. Mit ihren einnehmenden Persönlichkeiten beeindruckten sie sie und sie zeigten ihr auch alle mögliche Untersuchungsmethoden. Barbara ist ihnen auch als Mutter dankbar, da sie sie auch als Mutter von drei Kinder (sieben, vier und zwei Jahre) unterstütz haben. Sie fühlt sich auch deswegen sehr glücklich, weil sie bei der Kinderbetreuung von ihrem Mann Dr. Balázs Fülöp (selbst Arzt, Assistenzprofessor des Instituts für Anatomie und des Instituts für Grundversorgung) und von der ganzen Familie Hilfe bekommt, die Großeltern sind immer für sie da.

"Als Forschungsthema interessierte ich mich am meisten für das Thema der Endometriose und für den TRPV1-Rezeptor, Forschungsprofil des Instituts. Als ich mich aber bewarb, gab es für diese Stelle keinen freien Platz, aber es wurde ein neues Projekt gestartet, die „Rohr-Experimente” – („csőbe húzós kísérlet” heißt es auf Ungarisch, im übertragenen Sinne jemanden reinlegen-Experiment) wie wir sie nennen und es wurde gerade jemand gesucht. Das Wesen des Experiments besteht darin, dass wir die Mäuse mehrere Wochen lang für sechs Stunden am Tag in ein gut gelüftetes, aber sehr enges Rohr stecken um sie zu stressen, und um dann Messungen machen zu können. Wir testen ihr Verhalten, wir beobachten, was mit ihren verschiedenen Schmerzqualitäten passiert, wir sich ihre motorische Koordination unter Stress verändert bzw. was mit ihrem Entdeckungswunsch passiert. Wenn die Maus die Symptome der Depression zeigt, will sie in der Regel nicht ins Tageslicht gehen und will auch keine neue Gebiete entdecken. Sie bleibt lieber stehen und wartet ab, bis der Test beendet ist. Diese Verhaltenstests benutzen wir, um die Wirkung von Antidepressiva zu untersuchen, z. B. wenn wir Mäuse am Schwanz gefesselt aufhängen und sie nur herumhängen können. Dabei untersuchen wir, ob die Tiere den akuten Stress bewältigen möchten, ob sie fliehen wollen. Die Tiere, die depressionsähnliche Symptome zeigen, tun nichts, sie akzeptieren die Situation, sie hängen nur herum. Ähnlich verhalten sie sich, wenn sie ins Wasser geraten. Sie kämpfen nicht um ihr Leben. Die Unterschiede zwischen den Mäusen, die depressiven Symptome aufweisen und den, die mit Antidepressiva behandelt worden sind, sind auffällig sichtbar." – erklärt sie.

Im Zentrum ihrer Forschungen liegt derzeit die Untersuchung der Schmerzschwelle genetisch unterschiedlichen Tieren. Sie untersuchen, ob diese sich in den verschiedenen Stresssituationen anders verhalten, wenn bei ihnen ein bestimmtes Protein oder Rezeptor fehlt. Bei den funktionellen Messungen werden zuerst ihre Schmerzreaktionen auf Kältereize und Berührungen untersucht. Als Nächstes untersuchen sie die Gehirnprozesse, die als Reaktion auf Stress ablaufen und ob diese bei den verschiedenen Genotypen Unterschiede aufweisen. Sie haben bei zwei verschiedenen genetisch veränderten Mäusestämmen feststellen können, dass sie nach zwei Wochen im Rohr ziemlich stressig wurden und viel schneller Schmerzreaktion (auch Hyperalgesie genannt) zeigten. Das bedeutet, dass sie auch auf einen verhältnismäßig leichten, schmerzhaften Reiz mit einer verhältnismäßig starker Schmerzreaktion reagierten. Die Mäuse, bei denen das IL-1 (Interleukin) Protein genetisch ausgeschaltet wurde, d. h. bei denen in der Embryonalentwicklung das IL-1 Alpha-Beta-Gen fehlte, zeigten hingegen keine erhöhte Empfindlichkeit. Eine Methode zur Untersuchung des Schmerzempfindens ist das Eintauchen der Hinterbeine von Mäusen in Eiswasser. Wenn ihnen die Kälte schmerzlich wird, reißen sie entweder die Beine weg oder sie wehren sich auf eine andere Weise. Bei der anderen Methode werden ihre Fußballen mit einer stumpfen Nadel stimuliert, in der man dabei zehn Gramm Druck ausübt. Es kommt vor, dass sie schon bei 6-8 Gramm ihre Beine zurückziehen, lecken oder sogar verstecken. Es wird also das geprüft, wie schnell sie auf den Druckreiz eine Schmerzreaktion geben.

"Wir nehmen Schnitte aus den Gehirnen der Mäuse, nachdem wir sie zwei Wochen lang gestresst haben. Wir färben ihre Immunzellen, die Astrozyten- und die Mikroglia-Zellen, die vielleicht wichtigsten Immunzellen des zentralen Nervensystems. Wenn diese zwei Zellen sich aktivieren, nennen wir das Neuroinflammation. Uns interessiert, wie sich diese Zellen in Stresssituationen verändern, ob sie sich aktivieren, bzw. wenn wir aus dem System IL-1 herausnehmen, ob dann der gleiche Prozess sich abspielt oder ob wir ein anderes Ergebnis bekommen.", – erläutert sie.

Der erste Artikel von Dr. Barbara Fülöp, in dem sie Erstautorin war, wurde im März 2023 veröffentlicht. Darin zeigte sie, dass nach zwei Wochen Stress bei Mäusen ohne weiterer Eingriffe Schmerzen auftreten, die mit einer erhöhten Aktivierung von Mikroglia und Astrozyten in Gehirnregionen verbunden sind, die sowohl bei Stress als auch bei Schmerz eine Rolle spielen. Bei Mäusen, deren ein wichtiges Entzündungszytokin, Interleukin-1 fehlt, entfalten sich keine stressbedingten Schmerzen und keine Glia-Aktivation im zentralen Nervensystem. Zwischen diesen beiden Parameter ist also ein Zusammenhang daher möglich. Das Ziel ist, mit Tierversuchen zu zeigen, dass durch die Blockierung von IL-1 keine stressinduzierten Schmerzen ausgelöst werden. Sollte sich dies bestätigen, könnte die Entwicklung eines Medikamentes gestartet werden, das die Aktivierung von Mikroglia und Astrozyten und die damit verbundene Schmerzsensibilisierung verhindert. Dies könnte bei Menschen bei chronischen Primärschmerzen eingesetzt werden, von denen der meist bekannte vielleicht die Fibromyalgie ist. Es handelt sich dabei um eine Erkrankung, die vor allem das zentrale Nervensystem betrifft, begleitet von Muskel-Skelett-Schmerzen, und wobei eine Störung der Schmerzwahrnehmung und Schmerzverarbeitung auftreten, aber die Ursache nicht genau bekannt ist. Es wird vermutet, dass Stress dabei eine wichtige Rolle spielt bzw. die bereits bestehenden Symptome verschlimmert. Die Patienten mit so einer Erkrankung empfinden sogar die schmerzlosen Reize als Schmerz.

Dr. Barbara Fülöp begeistert am meisten, wenn sie die Ergebnisse bekommt, sie sie erwartet hat, oder wenn eben das Gegenteil der Fall ist. Dann kann sie beginnen, nach Ursachen und Zusammenhänge zu suchen. Ihre Begeisterung teilen sogar ihre Themenleiter und die wissenschaftlichen Foren, an denen sie erscheinen kann und ihre Forschungen präsentieren kann.

Fotos:

Dávid VERÉBI