"Das beste Feedback ist das Lächeln der Kinder"

9 November 2023

Wer sich den ganzen Tag um Kinder kümmert, bleibt tief im Inneren selbst ein wenig ein Kind – so der Kindertraumatologe Dr. Gergő Józsa zu dem und zu seinen Kollegen von ganz Transdanubien Kinder mit Unfall- und Brandverletzungen kommen.  Mit dem Abteilungsleiter der Kindertraumatologie habe ich mich unter anderem über die kindergerechte Versorgung, über die Entwicklung der Kindertraumatologie und über die Teambuilding-Aktivitäten unterhalten.

 

von Miklós Stemler

 

Dr. Gergő Józsa hat einen ziemlich verschlungenen Weg hinter sich. Als Jugendlicher war er Nationalspieler in der Fußballmannschaft, im Gymnasium wollte er noch Tierarzt werden und wurde schließlich zum Kindertraumatologen. All diese Karrierewege sind durch die Zielstrebigkeit und eiserner Wille verbunden. Dadurch kam er in die Nationalmannschaft, arbeitete als Gymnasiast neben seinem Onkel der Tierarzt ist und heute kämpft er mit aller Kraft für die kinderfreundliche traumatologische Behandlung und für die Verbreitung der dazu erforderlichen Einstellung und fachlicher Kenntnisse.

"Ich war sozusagen ein Lehrling bei meinem Onkel, ich half ihm bei den Entbindungen, assistierte bei Operationen und habe auch sonst vieles in der Praxis erledigt." – Erinnert sich Gergő Józsa an seine ersten Begegnungen mit der Medizin. Danach bewarb er sich selbstverständlich an erster Stelle an der Universität für Veterinärmedizin. Da er nur einen kostenpflichtigen Studienplatz erhielt, was für seine Familie eine große finanzielle Belastung gewesen wäre, kam er an die medizinische Fakultät in Pécs. Das war für ihn eine glückliche, seiner Meinung nach schicksalhafte Wendung.

In zwei Sachen war Gergő Józsa schon am Anfang seines Studiums sicher: Er möchte auf jeden Fall ein manuelles medizinisches Fachgebiet wählen und als Arzt mit Kindern arbeiten, da er sich mit ihnen sehr gut versteht. "Als Kinderarzt darf man ein bisschen selbst ein Kind bleiben, man kann etwas von der Verspieltheit der Kindheit bewahren. Vor einigen Jahren wurde ein weihnachtliches Überraschungsvideo für die Ärzte der Kinderklinik gemacht. Anhand dessen hat mein Sohn die Frage darüber, was sein Vater arbeitet, folgendes gesagt: Papa spielt den ganzen Tag mit Kindern. Ja, so kann man das auch sagen."

Am Ende seines Studiums war es keine Frage mehr, dass der ursprünglich aus Vác stammende junge Arzt in Pécs bleibt, da auch seine damalige Freundin, seine jetzige Ehefrau ihn auch an die Stadt gebunden hat. Seine Facharztausbildung begann er an der Kinderchirurgie. Zwei entscheidende berufliche Begegnungen orientierten ihn zur Kindertraumatologie und zur Handchirurgie.

"Ich habe mein Praktikum im Nationalen Trauma-Institut bei dem Abteilungsleiter Tamás Kassai absolviert. Er hat mir nicht nur die notwendigen Fachkenntnisse übermittelt, er hat sogar meine Ansichten stark geprägt. Bis heute betrachte ich ihn als meinen Meister. Sowohl in Pécs als auch in Budapest operieren wir ernsthafte Entwicklungsstörungen an der Hand gemeinsam. Die Persönlichkeiten, die einen jungen Arzt begleiten, sind sowohl fachlich als auch menschlich sehr wichtig. Die Hilfsbereitschaft, mit der Doktor Kassai sein Wissen weitergibt und sein Engagement, mit dem er sich an die verletzten Kinder wendet, sind beispielhaft. Außerdem möchte ich noch Professor Antal Renner erwähnen, der mich bei meiner Facharztprüfung in Handchirurgie besonders unterstützt hat."

Obwohl die Kindertraumatologie ein spezielles Gebiet ist, ist es keineswegs ein kleines Gebiet. Dazu gehören alle Arten der Unfallverletzungen, Verbrennungen und im Bezug auf die Handverletzungen allerlei Entwicklungsstörungen der Hand von Kindern, die chirurgisch behandelt werden müssen. Noch dazu ist dies ein relativ neues Disziplin das noch in der Entwicklungsphase ist, dem noch die entsprechende Rolle erkämpft werden muss.

"Es ist eine interessante Frage. Vielerorts in Ungarn werden die Kinderpatienten von Traumatologen behandelt, wobei sie in Pécs bis 18 Jahren von Kinderchirurgen versorgt werden. Wie sich die Erwachsenenchirurgie auch spezialisiert wurde und durch die Entwicklung der Medizin in kleinere Bereiche aufgeteilt wurde, trifft es auch auf die Kinderchirurgie zu. Ein Gebiet davon ist die Kindertraumatologie."

Abgesehen davon, dass die Kinder zumeist andere Verletzungen haben als die Erwachsenen, benötigen sie auch eine andere Betreuung. Deswegen ist es nicht von Vorteil, wenn sie in die Notaufnahme für Erwachsene eingeliefert werden.

"Viele Erwachsenentraumatologen haben Angst vor Kinderpatienten. Darüber hinaus, dass es bei Kindern andere Bruchtypen vorkommen, muss man mit ihnen auch ganz anders kommunizieren als mit einem Erwachsenen, der zumeist wenn er die Praxis betritt, erklärt was ihm passiert ist und was ihm wehtut. Bei einem fünf-sechs Jahre altem Kind und bei kleineren läuft es natürlich ganz anders.

Von der anderen Seite betrachtet müssen wir aber hinzufügen, dass ein Traumatologe über eine viel größere Routine über die Unfallverletzungen verfügt als ein Kinderchirurg. Ich kenne es von meiner eigenen Erfahrung, dass ich viel über die Traumatologie lernen musste, um die richtige Versorgung leisten zu können. Die Pubertät ist noch dazu deutlich ein Randgebiet, da in dieser Periode der Körper sich markant verändert. All dies erfordert eine kontinuierliche Kooperation zwischen den Kollegen in der Erwachsenen- und Kinderversorgung, um die bestmögliche Arbeit leisten zu können."

Neben den ärztlichen Aspekten gibt es einen weiteren gravierenden Grund dafür, die kindertraumatologische Versorgung zu sichern, den man am einfachsten folgenderweise formulieren könnte: Damit die Kinder, die ein Trauma erlebt haben, nicht weiter traumatisiert werden.

"Es ist auch für einen Erwachsenen belastend, ins Krankenhaus zu gelangen, aber für ein Kind ist es ein viel größerer emotionaler Schock – denken wir nur daran, wie es einem Kind anfühle, neben einem betrunkenen Unfallverletzten im Wartezimmer sitzen zu müssen. Das ist keinesfalls eine kindergerechte Versorgung."

Das ist aber kein Beispiel aus der Luft gegriffen. An zahlreichen Kliniken ist es nicht möglich, die verletzten Kinder und Erwachsenen getrennt zu behandeln. Die gängige Praxis in Pécs behält hingegen von der Ankunft in dem Krankenhaus an die Interessen des Kindes vor Auge.

"Der Aufbau des Vertrauensverhältnisses ist schon vor dem Beginn der Versorgung wichtig. Die Kinder und ihre Begleiter kommen in ein Wartezimmer, wo die Wände dekoriert sind, sie können am Bildschirm an der Wand Zeichentrickfilme sehen und das Personal kennt ihre speziellen Ansprüche. Dadurch können wir mit viel wenigem Stress die Diagnose erstellen. Ich betone meinen Traumatologenkollegen aus den umgebenden Kliniken immer, dass es natürlich nicht das bedeutet, dass nur wir mit der Versorgung der Kinder vertraut sind oder dass wir die besten dabei wären. Bei uns sind aber glücklicherweise diese Bedingungen da.

Es ist ein Lob der Arbeit von Gergő Józsa und seiner Kollegen, dass mittlerweile nicht nur aus den umliegenden Versorgungsbezirken die Patienten kommen, sondern wegen den in Pécs verfügbaren Möglichkeiten auch schon aus den weiter entfernten Krankenhäuser, da es hier auch solche chirurgische Verfahren und Therapien zugänglich sind, die in dem größten Teil des Landes eben nicht. Solche sind zum Beispiel die resorbierbaren Implantate, die zumeist in Pécs und im Nationalen Unfallinstitut in Budapest angewendet werden. "Ein großer Vorteil von diesen Implantaten ist, dass es keine weitere OP nötig ist, sie zu entfernen, aber dafür auch deutlich teurer sind als die herkömmlichen. Dank unserer Teilnahme an internationalen Studien und der Unterstützung der Leitung des Klinischen Zentrums können wir diese besorgen. Wir legen großen Wert auch darauf, die nahe gelegenen Krankenhäuser mit dieser Möglichkeit auch vertraut zu machen. Heutzutage sprechen wir täglich mit den Traumatologenkollegen, bei welchen Fällen diese angewendet werden sollten und die verletzten Kinder zu uns verweist werden sollten. Vorher gab es diese Art der Kooperation noch nicht, wobei das wichtigste ist, dem Kind das Beste zu leisten."

Über die resorbierbaren Implantate hinaus wurden in der Traumatologieabteilung der Kinderklinik in Pécs in den letzten Jahren auch viele andere Behandlungsmethoden eingeführt, die die kindergerechte Versorgung unterstützen. Eine davon ist der Gewebekleber, mit dem man eine große Anzahl der Verletzungen ohne Schmerzen behandelt werden können, oder die neue Methode, die bei den Brandverletzungen angewendet werden kann und mit der die Anzahl der Verbandwechsel unter Anästhesie und die Länge der im Krankenhaus verbrachten Zeit reduziert werden können.

Wir brauchen nicht einzigartige individuelle chirurgische Leistungen bzw. in sich reichen diese nicht aus. Laut Gergő Józsa braucht man auf jeden Fall ein engagiertes Team.

"Es bedarf viel Arbeit, damit der Chirurg die Operation durchführen kann – siehe die vorangehende Diagnostik, die administrative Arbeiten und die Hilfeleistung während der OP. Danach bekommen die stationäre Krankenschwester, die Physiotherapeuten in der Rehabilitationsphase bzw. bei einigen Fällen die Psychologen, die die Bewältigung der Traumen unterstützen. Es ist eine gemeinsame, abgestimmte Arbeit vieler Kollegen.

Daneben spielt auch die Kooperation außerhalb der Station eine wichtige Rolle, wie zum Beispiel die mit András Garami aus dem Institut für Translationale Medizin. Mit ihm erforschen wir die neuen Methoden der Behandlung von Brandverletzungen. Mit dem Team von Péter Maróti im 3D Printing and Visualisation Centre der Universität Pécs erstellen wir Knochenmodelle für die Behandlung verschiedener Brüche und wir erforschen die Eigenschaften der verschiedenen Implantate."

Um das Team aufrechtzuerhalten und weiter zu entwickeln, ist die Sicherung des Nachschubs unentbehrlich. Gergő Józsa ist auch auf diesem Gebiet höchst aktiv. 

"Schon als Studierende hatte ich die Möglichkeit, im Anatomieinstitut als Lehrkraft zu arbeiten. Ich hielt zehn Jahre lang Kurse, was für mich die ideale Grundlage bot. Danach bat mir mein Kollege und Freund Zsolt Juhász die Möglichkeit an, mit den Studierenden des Wissenschaftlichen Studentenzirkels zu arbeiten. Seitdem hatte ich viele Studierende, die ihre Diplomarbeit bei mir schreiben oder geschrieben haben. Zum Glück ist das Interesse für das Gebiet der Kindertraumatologie groß."

Aus den vorangehenden Informationen ist es schon offensichtlich, dass Gergő Józsa nicht zu den Ärzten gehört, die nach der Schicht die Arbeit hinter sich lassen. Für ihn bedeuten die Heilung, die Forschung und der Unterricht eine lebenslange Mission, die verständlicherweise auch eine große physische und mentale Belastung ist.

"Ich werde oft gefragt, wie ich damit umgehen kann. Ich antworte immer, dass es ohne die Unterstützung meiner Familie nicht möglich wäre. Ich bin glücklich, da meine Frau mich in allem unterstützt. Als Augenärztin ist sie genauso engagiert wie ich. Unsere beiden Söhne vertragen es auch gut, dass »Papa den ganzen Tag mit den Kindern spielt.« Es ist wichtig, dass man sich zu Hause erholen kann und am nächsten Tag mit neuer Kraft an die Arbeit gehen kann. Darüber hinaus geben uns auch die behandelten Kinder eine enorme seelische Kraft. Es ist sogar kein Dankeschön nötig, es reicht eine Zeichnung oder eine Geste. Das beste Feedback in meiner täglichen Arbeit ist das Lächeln der Kinder."

Die Rekreation ist auch deswegen wichtig, da Gergő Józsa langfristige Pläne bezüglich sich selbst und der Versorgung an der Kindertraumatologie in Pécs hat.

"Es wäre übertrieben, von einer beispielhaften Tätigkeit zu sprechen, aber ich habe immer das Beispiel von Professor András Pintér vor mir, der mit seiner Arbeit die Kinderchirurgie in Pécs auf eine neue Basis gestellt und international bekannt gemacht hat. Durch seine Schüler wird sein Vermächtnis noch lange unter uns bleiben. Dazu brauchen wir aber noch mehrere Jahrzehnte lange harte und beharrliche Arbeit, aber es ist sicherlich ein erstrebenswertes Ziel."

Fotos: 

Lajos Kalmár